Die Schuld lag gewiß nicht bei meinen Lehrern, sondern an der Literatur, die zur Verfügung stand. Die vorhandenen Etüdenausgaben erschweren - damals wie heute - die Auswahl für Schüler und Lehrer, da sie Etüden verschiedener Schwierigkeitsgrade bunt gemischt vereinen.
Auch die bekanntesten Etüdensammlungen von Sor, Giuliani, Aguado und Carcassi sind thematisch in ihren Schwierigkeitsgraden ebenso bunt zusammengestellt. Sie bedürfen daher einer ordnenden Revidierung, um dem heutigen, qualitativ hohen gitarristischen Standard sowie der veränderten Methodik und Didaktik gerecht zu werden. Dabei möchte ich die Qualität der Leistung dieser außergewöhnlichen Gitarrenkomponisten in keinster Weise schmälern.
Im vorliegenden Band habe ich mich bemüht, Etüden nach technischen Schwerpunkten und ihrem Schwierigkeitsgrad - auch innerhalb einzelner Kapitel - progressiv zu ordnen. Mein Anliegen ist es, sowohl Lehrern als auch Schülern und Studenten bei ihrer Auswahl aus der Fülle und des stetig steigenden, enormen Angebots an Etüdenausgaben Hilfestellungen zu geben. Dabei sind Etüden, die in sich verschiedene Greif- und Anschlagstechniken vereinigen, vor allem im Unter- und Mittelstufenbereich weniger berücksichtigt worden.
Eine Auswahl, wie die hier vorliegende, kann - obwohl relativ umfassend konzipiert - lediglich subjektiv und daher nur im weitesten Sinne vollständig sein. Vermutlich werden manche die ein oder andere Etüde vermissen. Einer Erweiterung seitens der Lehrer steht nichts im Wege (zum Beispiel mit der Faksimileausgabe einer Sor-Etüde).
Die Schwierigkeitsgrade der einzelnen Etüden bei den Übergängen von Unter- zur Mittel- und zur Oberstufe sind so gewählt, daß durch ein allmähliches "schwerer werden" innerhalb der einzelnen Kapitel die verschiedenen Lernstufen problemlos erreicht und vertieft werden können. So steht jeweils am Ende eines Kapitels die schwerste Etüde der behandelten technischen Thematik.
Die Tempi der auf der beiliegenden CD eingespielten Etüden sind so ausgesucht, daß sie von einem durchschnittlich begabten Schüler nachvollzogen werden können. Um den musikalischen Gehalt der einzelnen Stücke nicht zu verfremden, ist für manchen Schüler sicherlich hin und wieder ein zu schnelles Tempo gewählt worden.
An dieser Stelle möchte ich herzlichst den Mitarbeitern des AMA-Verlags - insbesondere meiner Lektorin Brigitte Windolph, Manfred Strässer, Ingo Brozska, Jury Clormann und Crew für ihre Unterstützung, Geduld und Beratung danken.
In der Hoffnung, einen kleinen Beitrag zur methodisch-didaktischen Weiterentwicklung geleistet zu haben, wünsche ich allen Spielern/innen und angehenden Gitarristen/innen viel Freude beim Einstudieren dieser musikalischen Miniaturen.
Hubert Käppel
Lohmar, im November 1997